„Realistische Auseinandersetzung“- Jürgen Trittin bei Diskussionsrunde über russisch-amerikanisches Verhältnis

„Realistische Auseinandersetzung“- Jürgen Trittin bei Diskussionsrunde über russisch-amerikanisches Verhältnis

Dr. Josef Braml, Buchautor und Herausgeber der Webseite „USA-Experte.de“, Thomas Nehls, ARD-Korrespondent in New York und Washington, Dmitri Trenin, Direktor des Carnegie Moscow Center und Jürgen Trittin, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, stellvertretender Vorsitzender der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe diskutierten über die neue amerikanische Administration und eventuelle Änderungen in der USA-Außenpolitik. Die vom Deutsch-Russischen Forum e.V. organisierte und auf YouTube übertragenen Diskussionsrunde „Joe Biden im Amt. Hoffnung für die internationalen Beziehungen?“ aus der Reihe „Russland im Gespräch“ moderierte Hermann Krause, ehemaliger ARD-Hörfunkkorrespondent in Moskau und jetziger Leiter der Kriegsgräberfürsorge in Russland.

Es ist sicherlich ein Augenblick, auf den viele sehnsüchtig gewartet haben. Die Amtseinführung von Joe Biden, des 46. Präsidenten der USA. Nach den Vorfällen vom 6. Januar, nach dem Sturm auf das Kapitol, „der Schande für die gesamte Nation“, wie es Barack Obama formulierte, beginnt nun so etwas wie eine neue Zeitrechnung. Ins Weiße Haus zieht nun ein Mann ein, der nicht Lügen und Fake-News verbreitet. Auf den Populisten, auf den Hetzer und Scharfmacher, folgt ein seriöser, erfahrener Politiker, der vor riesigen Aufgaben steht. Nicht nur innen-, sondern auch außenpolitisch. Trump hatte noch kürzlich erklärt, die größten Feinde Europas seien China, Russland und Europa. Kann Joe Biden den angerichteten Schaden wiedergutmachen?

Während Europa mit Trump nur Probleme hatte, setzte der russische Präsident Wladimir Putin durchaus auf seinen „Freund Donald“. Was bedeutet das Ende der Trump-Ära nun für den Kreml? Für Russland ist Joe Biden kein Unbekannter, als junger Mann traf er sogar mit dem damaligen sowjetischen Außenminister Andrei Gromyko zusammen. Und auch Wladimir Putin und Biden kennen sich, ein harmonisches Verhältnis aber wird es wohl kaum werden. Ist dennoch ein Neustart im russisch-amerikanischen Verhältnis möglich? Was bedeutet die neue Präsidentschaft für das russisch-amerikanische Verhältnis also?

Jürgen Trittin meinte, dass die starke „antirussische Stimmung“ in den USA parteiübergreifend ist. Das Verhältnis zu Russland wird rationaler, aber die Konfrontation kann sogar deutlicher werden. „Keine fundamentalen Änderungen“ würde Biden hier reinbringen, stimmte ihm Dmitri Trenin zu. Aber die Politik wird mehr vorhersehbar sein. Die Politik der Sanktionen wird fortgesetzt werden, allerdings strategischer.

Allerdings äußerte Trittin die Hoffnung, dass die USA jetzt Schritte unternehmen wird, um das internationale Abkommen zum iranischen Atomprogramm wieder in Kraft zu setzten, was auch im Interesse Russland sei. Generell die Auseinandersetzung mit China und nicht mit Russland wird auf der Agenda in Amerika ganz oben stehen.

Auch Nord Stream 2 war Thema wurde angesprochen. Hier hängt vor allem von Deutschland sehr viel ab, meinte Dmitri Trenin. Biden wird aber weiterhin Druck ausüben. „Reine Erpressung“, nannte Thomas Nehls die Position Amerikas bezüglich der Pipeline. Nord Stream 2 ist nach europäischem Recht genehmigt worden und hat Bestand. Die extraterritorialen Sanktionen sind völkerrechtswidrig, so Trittin.

„Es bleibt eine realistische Auseinandersetzung, aber es bleibt eine Auseinandersetzung“, so formulierte Trittin die Zukunft des russisch-amerikanischen Verhältnisses abschließend.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]