Der für Ende Oktober in Sotschi geplante Petersburger Dialog zwischen Deutschland und Russland wird nicht stattfinden, sondern auf einen späteren und im Rahmen der Absage nicht näher genannten Termin verschoben. Darauf einigten sich die Vorstände der Lenkungsausschüsse beider Seiten. Der Petersburger Dialog ist das wichtigste zivilgesellschaftliche Forum zwischen Deutschland und Russland.
„Durch die Verschiebung wollen wir den zivilgesellschaftlichen Charakter des Dialogs schützen“, sagte der Vorsitzende Dr. h.c. Lothar de Maizière. Hintergrund dürften real aber eher die Spannungen zwischen Deutschland und Russland im Ukraine-Konflikt sein. Bereit zuvor waren die deutsch-russischen Regierungskonsultationen, die früher stets am Rande des Dialogtreffens stattfanden, von deutscher Seite abgesagt worden. Auch der Dialog selbst war von Russland-kritischen Politikern von CDU und Grünen generell in jüngster Zeit immer wieder als „zu Russland-freundlich“ kritisiert worden. So hatte auch die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung eine Teilnahme bereits vor der Absage des Dialogs ausgeschlossen, weil ihnen russische Vertreter zu „regierungsnah“ waren. Dagegen hatten der Russlandbeauftragte der Bundesregierung Erler und Außenminister Steinmeier die Bedeutung der Dialogtreffen für den Austausch zwischen den Zivilgesellschaften stets betont, gerade in der aktuellen Phase der Konfrontation mit sonst recht wenig direkten Gesprächen.
Die geplante Veranstaltung in Sotschi habe vor dem Hintergrund der stornierten Regierungskonsultationen und des momentan allgemein schwierigen Verhältnisses zwischen Russland und dem Westen einen politischen Symbolcharakter erhalten, der den zivilgesellschaftlichen Charakter schon jetzt überlagert habe, sagte de Maizière im Rahmen der Absage. Man wolle sich aber nicht in die politischen Auseinandersetzungen hineinziehen und instrumentalisieren lassen. Fest abgesprochen sei, das Jahrestreffen nachzuholen, wofür aber wohl bis Jahresende eher wenig Zeit ist. Man empfinde den Petersburger Dialog, der mit seinen Jahrestagungen, vor allem aber in den kontinuierlich arbeitenden acht Arbeitsgruppen (Kultur, Bildung und Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Medien, Wirtschaft, Kirchen in Europa, Politik, Zukunftswerkstatt) die ganze Breite der Zivilgesellschaft abdeckt, weiterhin als unersetzliches Gremium für den einen offenen Dialog zwischen Deutschland und Russland. Er sei eine Ermutigung für die zivilgesellschaftlich verankerten Organisationen, auf die man nicht verzichten wolle.
De Maizière teilte zugleich mit, dass die Regierungen beider Länder von der Entscheidung der Vorstände beider Lenkungsausschüsse informiert worden seien und sie unterstützten. Weniger unterstützt wird die Absage nur von denen, die einen Dialog zwischen den Gesellschaften von Deutschland und Russland in der aktuellen Situation für dringender als jemals zuvor halten.
Roland Bathon, russland.RU