Moskauer Gespräche: „Unternehmen sicher durch unbekannte Gewässer navigieren“

Moskauer Gespräche: „Unternehmen sicher durch unbekannte Gewässer navigieren“

Unter dem Motto „Unternehmen sicher durch unbekannte Gewässer navigieren – deutsch-russische Managementkompässe in Zeiten konstanter Veränderungen“ fand am 29. Oktober die vom Deutsch-Russischen Forum e.V. in Kooperation mit dem Institut Für Auslandsbeziehungen, der Moskauer Deutschen Zeitung und der AHK Moskau organisierte Podiumsdiskussion im Online-Format statt.

Volatil, unsicher, komplex und nicht eindeutig – so wird im Zuge der Globalisierung das Geschäftsumfeld für immer mehr Unternehmen beschrieben. Nicht nur zu reagieren, sondern Veränderungen proaktiv zum eigenen Vorteil zu gestalten, wird dadurch zu einer Schlüsselaufgabe für Manager weltweit. Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen bieten dabei die Chance, von unterschiedlichen Erfahrungen zu profitieren: Welche wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland und Russland erleichtern es Unternehmen, die Veränderungen auf den internationalen Märkten erfolgreich zu meistern? Welche besonderen Stärken? Welche Bedeutung hat die Frage „Wofür“, damit Unternehmen sicher einen Erfolgskurs fahren können? Darüber diskutierten mit 90 Zuschauern vier erfahrene Manager aus Deutschland und Russland.

Martin Hoffmann, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutsch-Russischen Forums betonte in seinem Grußwort, dass man in diesen stürmischen Zeiten einen „hoffnungsvollen Kompass“ finden muss, wobei die deutsch-russischen politischen Beziehungen immer „stürmisch“ sind. In der spannenden Diskussion ging es danach vor allem um die Fragen des Vertrauens, der Führungskultur, um Changemanagement und über kulturelle Unterschiede.

Die Moderatorin Eva Schmidt, ZDF, wollte von den Teilnehmern wissen, wie die Umstellung auf digitale Kommunikationsformen in Russland und Deutschland verlief.

Andrej Bivietskij, Managing Director des SAP Labs CIS (Moskau), meinte, dass der größte Teil der Bevölkerung in Russland technikaffin ist. Auch der Onlineeinkauf ist in Russland sehr beliebt. Im privaten Bereich also hat es gut funktioniert. Im betrieblichen Bereich haben fortschrittliche Unternehmen diese Zeit genutzt, um entsprechende Projekte voranzutreiben. Kleinere Unternehmen zeigten ihre Bereitschaft auf Cloud Computing umzuschalten. Claudia David, Managing Director von Opportunity Catalysts (Hamburg), stimmte zu: Insgesamt ist die Bilanz der Digitalisierung und des Übergangs in Homeoffice in Deutschland „überaschenderweise gut“.

Die nächste Frage, die die Diskussionsrunde beschäftigte, war:  Was macht ein gutes Unternehmen aus? Man solle Kundenerfolg vor alles andere setzen. Das Risiko besteht darin, dass Mitarbeiter nach einer langen Arbeit im Homeoffice auch genauso bei einem beliebigen Unternehmen arbeiten können, merkte Andrej Bivietskij an. Ohne Teamgeist also, ohne Firmenbindung würden Fachkräfte gehen. „Ein guter Mitarbeiter macht einen guten Kunden aus“, so Bivietskij.

Sven Franke, Managing Director von CO:X: „Die Krise ist ein Brennglas, und das haben wir ganz akut gemerkt. Viele Unternehmen funktionieren in einer Notsituation sehr gut, aber mit zunehmender Dauer geht alles wieder zurück.“ Anpassungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit sind heute enorm wichtig. Langfristige Planung („Loslassen vom großen Plan“) ist weniger gefragt, dafür aber Zukunftsvisionen.

Falk Tischendorf, Partner & Leiter des Moskauer Büros von Beiten Burkhardt betonte, dass Führungsqualität, Vertrauensfragen entscheidende Merkmale sind.

Wie wirkt die Krise auf die deutsch-russischen Beziehungen aus? Andrej Bivietskij meinte dazu: „Ohne persönliche Kontakte haben viele Unternehmen große Schwierigkeiten bei Vertrauensfragen“. Neues Geschäft zu generieren und Vertrauen aufzubauen – also einen Kunden finden, einen Vertrag unterschrieben – ist viel schwieriger in Zeiten ohne persönliche Kommunikation. Trotz aller Digitalisierung ist die physische Nähe ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Am Ende ging es um die Kernfrage, wie man als Unternehmen Arbeitsplätze sichern kann. Statt einem Blick zurück auf frühere Erfolge seien eine klare Zukunftsorientierung und weniger Risikovermeidung essentiell, war die Empfehlung von Sven Franke. Andrej Bivietskij ergänzte, Unternehmen sollen „zumindest eine gesunde Pipeline an guten Kandidaten haben“, um nach der Krise schnell darauf zugreifen können und gutes Personal haben. „Gute Mitarbeiter sind das wichtigste, vor allem in Russland. Je instabiler die Außenwelt, desto stabiler muss das Unternehmen intern sein“, so das Schlusswort von Falk Tischendorf.

[hrsg/russland.NEWS]