Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Wladimir Putin haben die neunten deutsch-russischen Regierungskonsultationen aufgenommen. Bei der Begrüßung durch die Kanzlerin in Wiesbaden lehnte Putin am Sonntagabend eine Stellungnahme zu Berichten ab, wonach während seines bevorstehenden Besuchs in Teheran ein Attentat auf ihn verübt werden sollte.
Bei den Gesprächen in Wiesbaden, die bis Montagnachmittag dauern sollten, soll es um den Umgang mit dem Iran, den geplanten US-Raketenschild in Osteuropa sowie die Zukunft des Kosovo gehen. Zudem wollten Merkel und Putin am 7. Petersburger Dialog teilnehmen.
Putin überreichte Merkel einen Blumenstrauß und wechselte ein paar Worte auf Deutsch mit ihr, bevor die beiden bei einem gemeinsamen Abendessen ihre Konsultationen aufnahmen. Der russische Präsident war mit mehr als zweistündiger Verspätung auf dem Flughafen Frankfurt eingetroffen. Grund war nach Angaben beider Delegationen ein Schneesturm in Moskau.
Auf Fragen nach den angeblichen Attentatsplänen gegen ihn reagierte Putin mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Später“, sagte er. Ein Kreml-Sprecher hatte der Nachrichtenagentur AFP bestätigt, dass Putin darüber informiert worden sei. Die russische Nachrichtenagentur Interfax hatte von Anschlagsplänen mehrerer Gruppen von Selbstmordattentätern berichtet. Unter Berufung auf eine nicht näher identifizierte Quelle im russischen Geheimdienst hieß es, dass die Informationen aus „mehreren Quellen außerhalb Russlands“ stammten. Diese Formulierung kann sich sowohl auf befreundete ausländische Geheimdienste als auch auf russische Agenten im Ausland beziehen.
Der russische Geheimdienst FSB wollte keine Stellungnahme abgeben. Es ist das erste Mal seit Putins Amtsantritt, dass Informationen über einen möglichen Anschlag gegen ihn öffentlich bekannt wurden. Ein Sprecher des Teheraner Außenministeriums sagte, die Berichte entbehrten jeder Grundlage. Putin reist am Montag weiter nach Teheran zu Gesprächen mit seinem iranischen Kollegen Mahmud Ahmadinedschad. Der Besuch erfolgt im Rahmen eines Treffens der Staats- und Regierungschefs aus den Anrainerstaaten des Kaspischen Meers.
In der Frage des iranischen Atomprogamms verweist Moskau darauf, dass Teheran – im Gegensatz etwa zu Israel – den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hat und es keine Beweise dafür gebe, dass der Iran an der Entwicklung von Atomwaffen arbeite. Die UN-Vetomacht Russland lehnt eine Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran ab.
Merkel drohte dem Iran hingegen mit weiteren Sanktionen, falls das Land im Streit über sein Atomprogramm nicht nachgeben sollte. Im Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ (Montagsausgabe) sagte sie: „Wir können nicht die Augen vor einer Gefährdung verschließen. Ich trete mit Nachdruck dafür ein, dass wir das Problem auf dem Verhandlungsweg lösen, aber dazu müssen wir auch bereit sein, weitere Sanktionen zu verhängen, wenn der Iran nicht einlenkt.“ Der Iran bedrohe die Sicherheit Israels, „die für mich als deutsche Kanzlerin niemals verhandelbar ist“, sagte Merkel. Das Land bedrohe „die Region, Europa und die Welt“. Das müsse verhindert werden.
Im Streit um den geplanten US-Raketenschild in Osteuropa plädiert Merkel seit Monaten für eine Diskussion im Rahmen der NATO, während Washington nur bilateral mit Polen und Tschechien verhandelt. Russland sieht sich durch die geplante Installierung des Raketenabwehrsystem in seiner Sicherheit bedroht.
Merkel hatte am Wochenende einen offenen Dialog mit Moskau angemahnt. „Wir können Meinungsverschiedenheiten durchaus offen austragen“, sagte sie. „Aber wir stellen auch viele Gemeinsamkeiten fest, denn unsere beiden Länder brauchen eine enge Partnerschaft in einer Welt, die immer stärker zusammenwächst“, sagte Merkel weiter. Aus dem Kreml hieß es, Merkel und Putin würden ihren „freimütigen und vertrauensvollen Dialog“ über außenpolitische Fragen fortsetzen.