Angesichts der Spannungen zwischen Russland und dem Westen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen offenen Dialog angemahnt. „Wir können Meinungsverschiedenheiten durchaus offen austragen“, sagte Merkel in ihrem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast.
Ein zentrales Thema der am Sonntagabend in Wiesbaden beginnenden Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sollte das von den USA geplante und von Moskau abgelehnte Raketenabwehrsystem in Osteuropa stehen. Weitere brisante Themen waren die Zukunft des Kosovo, der Atomstreit mit dem Iran sowie die Frage demokratischer Standards in Russland vor den dort anstehenden Wahlen.
Meinungsverschiedenheiten könnten offen ausgetragen werden, „aber wir stellen auch viele Gemeinsamkeiten fest, denn unsere beiden Länder brauchen eine enge Partnerschaft in einer Welt, die immer stärker zusammenwächst“, sagte Merkel weiter. Dabei bekannte sie sich zur „strategischen Partnerschaft“ mit Russland.
„Mit Präsident Putin habe ich schon viele offene, ehrliche und sehr intensive Gespräche geführt, und ich freue mich, dass wir dies auch diesmal wieder tun werden“, sagte Merkel weiter. Die Bundesregierung wolle gute Beziehungen auf allen Ebenen. Dies umfasse auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit auf wissenschaftlichem und technologischem Gebiet.
Mit Blick auf den parallel zu den deutsch-russischen Regierungskonsultationen stattfindenden 7. Petersburger Dialog sagte Merkel weiter, dieses Treffen von Vertretern der Zivilgesellschaft habe inzwischen eine gute Tradition. Nur der Austausch zwischen allen gesellschaftlichen Gruppen könne wirklich enge Beziehungen zwischen den Ländern schaffen.
Aus dem Kreml hieß es am Sonntag, Merkel und Putin würden ihren „freimütigen und vertrauensvollen Dialog“ über außenpolitische Fragen fortsetzen. Gemeinsam würden sie außerdem die „alarmierenden Tendenzen“ erörtern, auf die der russische Präsident im Februar auf der Münchener Sicherheitskonferenz hingewiesen habe. Putin hatte auf der Konferenz die US-Pläne für einen Raketenschild in Osteuropa scharf kritisiert und mit einer grundlegenden Kritik am Großmachtstreben der USA Unruhe bei den NATO-Ländern ausgelöst.
US-Außenministerin Condoleezza Rice und Verteidigungsminister Robert Gates hatten bei Gesprächen mit der russischen Führung am Wochenende in Moskau keine Annäherung erzielt. Gates warnte Putin am Samstag davor, den von ihm im Streit um den Raketenschild und die Ost-Expansion der NATO angekündigten Ausstieg aus einer Reihe internationaler Abrüstungsvereinbarungen zu vollziehen.
Russland sieht sich durch die geplante Installierung des Raketenabwehrsystem in seiner Sicherheit bedroht. Washington versichert dagegen, der Raketenschild schütze Europa vor Angriffen aus Staaten wie dem Iran oder Nordkorea. Moskau schlug vor, stattdessen gemeinsam mit den USA die Radaranlage Gabala in der an den Iran grenzenden früheren Sowjetrepublik Aserbaidschan zu nutzen.
In der Frage des iranischen Atomprogamms verweist Moskau darauf, dass Teheran – im Gegensatz etwa zu Israel – den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hat und es keine Beweise dafür gebe, dass der Iran an der Entwicklung von Atomwaffen arbeite. Die UN-Vetomacht Russland ist der Ansicht, dass alle Programme so transparent wie möglich sein sollten, lehnt eine Verschärfung der Sanktionen gegen Teheran jedoch ab. Putin reist im Anschluss an den Wiesbadener Gipfel am Dienstag zu Gesprächen mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad nach Teheran.