In der TV-Sendung report München vom 29. Januar kam in dem Beitrag über die mögliche Auflösung des INF-Vertrages auch die ehemalige Sprecherin für Osteuropapolitik des Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Vorstands, Petersburger Dialog e.V., Marieluise Beck, zu Wort.
Wörtlich sagte sie: „Es ist bekannt, dass Präsident Putin die Auflösung der Sowjetunion als größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts bezeichnet hat. Nicht den ersten oder den zweiten Weltenkrieg und das Inferno, das diese Kriege für ganz Europa bedeutet haben. Das heißt, man muss davon ausgehen, dass Präsident Putin tatsächlich von der Vorstellung lebt, dass dieses große Imperium doch wiederhergestellt werden sollte.“
Eine zwangsläufige Fehlinterpretation, da sie die Zitate, warum auch immer, nicht richtig wiedergibt und daher falsche Schlüsse ziehen muss.
Kurz im Internet suchen, und schon kommt man zu einer anderen Analyse.
Putin hatte bei einer Rede am 25.4.2005 den Zerfall der Sowjetunion als „größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet. Ebenfalls erklärte er: „Wer die Sowjetunion nicht vermisst, hat kein Herz. Wer sie sich zurückwünscht, keinen Verstand.“
Er sprach also von einer geopolitischen Katastrophe. In einem Interview mit Oliver Stone, 2017, sprach er von „einer der größten Katastrophen“ und erklärte, wie er das meinte.
„Ich werde oft dafür kritisiert, dass ich den Zerfall der Sowjetunion bedauere“, sagte Putin. „Das Allererste und Wichtigste besteht darin, dass 25 Millionen Russen sich über Nacht im Ausland befanden. Das ist tatsächlich eine der größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts.“
Die Sowjetbürger, die Angehörige in verschiedenen Teilen des einheitlichen Landes hatten, berufstätig und gleichberechtigt waren, seien mit einem Schlag jenseits der Grenze erwacht, erläuterte Putin.
In Russland selbst seien „die Sozial- und Krankenversorgung zusammengebrochen, ganze Wirtschaftssparten danieder gekommen, die Armee fristete ein elendes Dasein, Millionen von Menschen rutschten unter die Armutsgrenze.“
„In unserem Land kam es zu einem regelrechten Bürgerkrieg. Ich sah das als Direktor des Föderalen Sicherheitsdienstes sehr gut“, so der russische Präsident.
Putin hatte also mit keinem Wort auch nur gemeint, den ersten und zweiten Weltkrieg damit zu verharmlosen, wie Marieluise Beck ihm hier unterstellen möchte.
Ferner hatte Putin auch gesagt, „Wer die Sowjetunion nicht vermisst, hat kein Herz. Wer sie sich zurückwünscht, keinen Verstand.“ Wie Marieluise Beck nun „davon ausgehen konnte, dass Präsident Putin tatsächlich von der Vorstellung lebt, dass dieses große Imperium doch wiederhergestellt werden sollte“, dürfte wohl nur ihr vorbehalten bleiben.
Zitate aus dem Zusammenhang reißen und nicht richtig wiedergegeben sollten einer, wenn auch ehemaligen, Sprecherin für Osteuropapolitik des Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Vorstands, Petersburger Dialog e.V. nicht passieren.
[Gunnar Jütte/russland.NEWS]