Eine Reise in die Vergangenheit und ein Blick in die Zukunft – Putin besucht Dresden und München

Russlands Präsident Wladimir Putin beginnt am Dienstag einen Deutschlandbesuch, der für ihn Berührungspunkte mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hat:

An seiner ersten Station Dresden erwarten Putin bei den Feiern zum 800. Geburtstag der Stadt viele persönliche Erinnerungen an seine dortige Zeit als KGB-Mann. In Dresden wird er aber auch mit dem kritischeren Umgang Deutschlands mit Russland konfrontiert, die Gastgeber haben erstmals die wichtigsten russischen Menschenrechtsgruppen zu einem runden Tisch mit dem Präsidenten eingeladen. Die Hoffnungen auf eine blühende wirtschaftliche Zukunft seines Lands kann Putin in München nähren, wo ihn wichtige Konzernchefs erwarten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Putin zu Jahresbeginn eingeladen, zur 800-Jahr-Feier nach Dresden zu kommen. Putin kennt die sächsische Landeshauptstadt noch aus Zeiten der DDR, er lebte dort von 1985 an viereinhalb Jahre als KGB-Offizier. Die Bundeskanzlerin und der russische Präsident setzen aus Anlass der Jahresfeier den Petersburger Dialog fort, den noch Merkels Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) zusammen mit Putin im Jahr 2001 als offenes Diskussionsforum zwischen den beiden Ländern eingeführt hatte. Sieben Arbeitsgruppen unter anderem zu Politik, Kultur und Medien werden dazu tagen. Das Programm ist zwar eng, dennoch wollen Merkel und Putin gemeinsam an der Einweihung des neuen Dresdner Dostojewski-Denkmals teilnehmen.

Der Petersburger Dialog muss sich in seiner nun anstehenden Runde wieder neu entfalten: Infolge der Bundestagswahlen fand das Forum im vergangenen Jahr ohne Merkel und Putin statt, die vorher übliche Verbindung mit den regelmäßigen deutsch-russischen Konsultationen musste aufgehoben werden. Das deutsche Sekretariat erhofft sich eine Rückkehr zur Normalität, wie Sprecherin Nadine Reimer sagt. So ist schon jetzt geplant, dass auch der nächste Petersburger Dialog im kommenden Jahr wieder in Deutschland stattfindet, dann wieder in Kombination mit den Regierungskonsultationen.

Die Rückkehr zum alten organisatorischen Rhythmus wird aber nichts an der Akzentverschiebung im Ton der deutsch-russischen Beziehungen seit dem deutschen Regierungswechsel ändern: Nachdem Merkel schon bei ihrem Antrittsbesuch in Moskau im Januar mit einem Treffen mit Menschenrechtsgruppen ein Zeichen gesetzt hatte, geht die deutsche Seite diesmal noch einen Schritt weiter. An dem geplanten runden Tisch mit Putin und Merkel nehmen auch Vertreter der beiden wichtigen russischen Menschenrechtsgruppen Memorial und Institut Nationales Projekt Gesellschaftsvertrag teil, aus Deutschland sind Vertreter von Amnesty International dabei. Am Rande des Forums will außerdem die Gesellschaft für bedrohte Völker gegen das russische Vorgehen in Tschetschenien protestieren.

Deutlich angenehmer soll für Putin dagegen der Aufenthalt in München werden. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wird den mit mehreren seiner Minister reisenden Präsidenten am Mittwoch in der Residenz der bayerischen Landeshauptstadt und damit im größten Prunk begrüßen. „Mit Blick auf die Wirtschaft und die Arbeitsplätze in Bayern ist es mein Ziel, das enorme Potenzial der bayerisch-russischen Zusammenarbeit in den wichtigen wirtschaftlichen Zukunftsfeldern voll auszuschöpfen“, erklärte Stoiber vor dem Treffen. Dazu will er Putin mit Top-Managern zusammenbringen.

Ob womöglich in München bereits auch Geschäfte zwischen Russland und deutschen Firmen geschlossen werden sollen, stand zunächst noch nicht fest. Putin will vor den Wirtschaftsführern sowie Vertretern von Politik, Wissenschaft und Forschung aber einen Vortrag halten, in dem er den Erwartungen der Organisatoren zufolge seine Vorstellungen von der weiteren ökonomischen Entwicklung Russlands skizziert. Dass das forscher werdende Auftreten Moskaus nicht nur auf Gegenliebe stößt, zeigte sich erst im vergangenen Monat. Da hatte ein Putin-Berater angekündigt, nach dem Einstieg einer russischen Staatsbank bei EADS mittelfristig eine Kontrollminderheit bei dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern anzustreben. EADS protestierte scharf gegen die Pläne. [Von Ralf Isermann]