St. Petersburg. Nicht als Nabel der Welt, aber als Nabe der Achse Paris-Berlin-Moskau darf sich die Stadt an der Newa heute fühlen: Gegen 14 Uhr fliegt in Pulkovo Präsident Putin ein, zwei Stunden später dann Gerhard Schröder. Die beiden treffen sich gegen 17 Uhr in der Staatsuniversität im Rahmen des „Petersburger Dialogs“. Später stößt dann Frankreichs Präsident Jacques Chirac hinzu.
Die Vorzeichen der großen Visite sind unübersehbar: Im Stadtzentrum spazieren auffällig viele einsame Polizisten herum, entlang der „Präsidentenroute“ über den Kamennoostrowski-Prospekt zur Putin-Datscha werden noch eilig Löcher im Asphalt geteert und Laternenpfosten gestrichen. Dabei herrscht „Kaiserwetter“ mit Sonnenschein und endlich auch milden Temperaturen: In St. Petersburg hat pünktlich der Frühling Einzug gehalten.
Putin konferiert vor dem Treffen mit Schröder noch mit den Gouverneuren der Nordwest-Region. Nach ihrem etwa einstündigen Tete-a-tete werden Putin und Schröder dann vor den versammelten Teilnehmern des „Petersburger Dialogs“ in der Universität auftreten und sich zu dessen Thema „Deutschland und Russland in Europa“ äußern. Anschließend fahren sie zur 150-Jahr-Feier der Russland-Aktivitäten von Siemens in die Philharmonie.
Um 20.30 Uhr treffen sich dann die drei Staats-Chefs im Grand Hotel Europe. Kern des Gespräches wird das Verhältnis der Länder zum Irak-Krieg sein, dass nach dem unerwartet schnellen Fall des Bagdader Regimes noch komplizierter geworden ist. Prinzipiell gegen den Krieg und für eine UN-kontrollierte Lösung zu sein, geht jetzt nicht mehr. So hat sich Putin noch überhaupt nicht dazu geäußert, was er vom schnellen militärischen Erfolg der angloamerikanischen Koalition hält. Wer soll die Federführung bei humanitärer Hilfe, Verwaltung und Wiederaufbau des Landes übernehmen? Welche Aufgaben ist man selbst bereit zu übernehmen? Im Raum steht auch die Aufforderung der USA an den Petersburger Gipfel, als Beitrag zur Irak-Sanierung auf dessen Auslandsschulden zu verzichten.
Was sich Putin, Schröder und Chirac zu diesem Thema denken, werden sie am Abend gegen 22 Uhr auf einer Pressekonferenz im „Europe“ darlegen.
Am Samstagmorgen um 9.15 Uhr erhält der Bundeskanzler dann die Ehrendoktorwürde in der Juristischen Fakultät der Staatsuniversität. Von 10 bis 12 Uhr ist die Teilnahme aller drei Staatschefs ebendort an einer Konferenz über internationales Recht geplant. Vermutlich werden sie dabei ihre Standpunkte noch einmal genauer darstellen. Schröders Rückflug nach Deutschland ist für 12.30 Uhr angesetzt.