Deutsch-russische Beziehungen: Gut aber noch ausbaufähig

Mit dem Besuch des legendären Bernsteinzimmers gingen heute nachmittag die deutsch-russischen Regierungskonsultationen in St. Petersburg zu Ende. Auf der abschließenden Pressekonferenz betonten sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch der russische Präsident Vladimir Putin, dass die jahrelange Stagnation in den gegenseitigen Beziehungen überwunden werden konnte und das deutsch-russische Verhältnis neue Impulse erhalten habe.

Schröder war mit einer hochkarätigen Delegation nach St. Petersburg gereist, darunter Außenminister Joschka Fischer, Verteidigungsminister Rudolf Scharping, Finanzminister Hans Eichel, Innenminister Otto Schily und Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin. Gegenstand der zweitägigen Konsultationen waren wirtschaftliche und politische Aspekte der Zusammenarbeit. Im wirtschaftlichen Bereich ging es vor allem um die Frage, wie die Investitionsmöglichkeiten für deutsche Firmen in Russland verbessert werden können. Trotz einer deutlichen Zunahme sei der Anteil der Russlandinvestitionen an den gesamten deutschen Auslandsinvestitionen mit einem Prozent noch viel zu gering, so Präsident Putin.
Im politischen Bereich gehe es darum, die deutsch-russischen Beziehungen zu festigen, diese aber gleichzeitig noch stärker in den Prozess der europäischen Einigung einzubeziehen, betonten beide Seiten.

Als konkrete Ergebnisse des Besuchs wurden in St. Petersburg ein Abkommen über die Kooperation bei der friedlichen Nutzung des Weltraums und ein Abkommen über die Fortsetzung des Programms zur Ausbildung russischer Manager in Deutschland unterzeichnet.

Auf der Tagesordnung stand auch das Thema der russischen Auslandsschulden. Er sei sich sicher, so Schröder, dass Russland seine Schulden gegenüber Deutschland und beim Pariser Klub begleichen werde. Auch die Frage des Transferrubelkurses könne bald gelöst werden.

Die Erwartungen an den deutschen Bundeskanzler, in St. Petersburg auch schwierige Themen wie Medienfreiheit, Beutekunst und den Krieg in Tschetschenien anzusprechen, waren groß. Auf der Pressekonferenz äußerten sich beide Seiten allerdings zurückhaltend. Das Thema Beutekunst sei diskutiert worden, so Schröder, doch müsse diese sensible Frage in Ruhe und mit Gelassenheit behandelt werden. Putin meinte hierzu, dass Russland selbstverständlich daran interessiert sei, alle Faktoren, die das deutsch-russische Verhältnis erschwerten, auszuräumen. Im Hinblick auf den Tschetschenienkrieg betonten beide Seiten die Notwendigkeit einer politischen Lösung. Putin kündigte außerdem an, mögliche Menschenrechtsverletzungen durch eine unabhängige Gerichtsbarkeit überprüfen zu lassen. Angesprochen auf die Zukunft des Fernsehsenders NTW und den Konflikt zwischen Mediamost und Gasprom sagte der russische Präsident: „Ich muss nicht alles auslöffeln, was in den letzten Jahren angerichtet wurde“. Bundeskanzler Schröder hatte schon am Vortag betont, dass Russland Medien brauche, „die ihre Aufgabe, die Macht zu kontrollieren, frei ausüben können“.

Am Montag abend hatten Schröder und Putin den Petersburger Dialog eröffnet, der auf ihre Initiative parallel zu den Regierungskonsultationen veranstaltet wurde. Diese Zusammenarbeit auf zivilgesellschaftlicher Ebene müsse weitergeführt werden, sagten beide zum Abschluß des Besuchs. Nur dann könnten die deutsch-russischen Beziehungen wirklich das gewünschte Niveau erreichen.