Der Petersburger Dialog braucht den „zweiten Atem“

Der 7.Petersburger Dialog ist Geschichte. Während der drei Herbsttage in Wiesbaden trafen sich rund 200 Deutsche und Russen, um wie in den vergangenen sechs Jahren, darüber zu reden, wie die Zivilgesellschaften beider Länder enger zusammenrücken können.

Aus diesen Gesprächen sind in der Vergangenheit schon mehrere Projekte entstanden, die sich konkreter Probleme angenommen haben. Jüngstes Beispiel ist das 2006 in Dresden gegründete Koch-Metschnikow-Forum, dessen Mitglieder und Partner – deutsche und russische Ärzte und Wissenschaftler – sich gemeinsam für die Verbesserung der gesundheitlichen Betreuung einsetzen. In diesem Jahr wurden beim Petersburger Dialog zwei Vereinbarungen unterschrieben – zum Bau eines „Neuen Deutschen Dorfes“ in Moskau und zur Einführung eines deutsch-russischen MBA-Studienganges.

Der russische Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel betonten auf der abschließenden Plenarsitzung, auf der die acht Arbeitsgruppen die Ergebnisse ihrer Beratungen vorstellten, die Bedeutung dieses zivilgesellschaftlichen Dialogs für die Entwicklung der Beziehungen beider Völker und Länder zueinander.

Damit das so bleibt, muss die Veranstaltung eine neue Qualität erreichen. Schon bei der Eröffnungs-Podiumsdiskussion sprachen die beiden vorsitzenden des Lenkungsausschusses, Lothar de Maiziére und Michael Gorbatschow von dem zweiten Atem, den die Veranstaltung nun bekommen muss. Das beginnt schon bei den Teilnehmern. Wenn, vor allem auf russischer Seite, die Differenz zwischen Angemeldeten und Angereisten recht erheblich ist, dann wird es Zeit, darüber nachzudenken, ob Form und Inhalt der Veranstaltung dem lobenswerten Anliegen noch entsprechen. Insofern ist es aller Ehren wert, dass die Petersburger Gouverneurin, Valentina Matwijenko, nach Wiesbaden kam und vorschlug, den Petersburger Dialog im kommenden Jahr wieder an seinem Geburtsort durchzuführen. Vielleicht gelingt es dort auch, den Altersdurchschnitt der Teilnehmer etwas zu senken. Das soll nicht heißen, die erfahren Kämpen mit ihrem ernsthaften und kompetenten Engagement hinaus zu drängen, sondern deutlich mehr junge Leute einzubeziehen.

Wie erfrischend das sein kann, bewies das 3. deutsch-russische Jugendparlament, das parallel zum Petersburger Dialog in Wiesbaden tagte. Nach streng parlamentarischen Regeln wurde hier oft kontrovers diskutiert. Die Abschlussresolution, die zuvor schon in den Ausschüssen besprochen worden war, brauchte drei Anläufe bis zur Verabschiedung. Am Ende aber waren alle begeistert.

Sicher gibt es bei den „Großen“ und den „Kleinen“ einige Themen, die zwar diskutiert, aber nicht beeinflusst werden können, wie die Visa-Erteilung. Hier liegt es an den Regierungen, möglichst bald die schon im Vorjahr vereinbarten Erleichterungen beim Jugendaustausch sowie bei wissenschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Kontakten konsequent umzusetzen. Aber die Lenkungsauschüsse des Petersburger Dialogs tun gut daran, die Vorschläge aus den eigenen Reihen gründlich zu durchdenken, wie die gemeinsame Behandlung von Plenargruppen übergreifenden Fragen, zum Beispiel zu demokratischen Werten, oder die Abkehr vom Prinzip der „geschlossenen Gesellschaft“ in den Arbeitsgruppen. Wenn also jetzt die Chance genutzt wird, den Petersburger Dialog erwachsen werden zu lassen, dann kann er ein hohes Alter erreichen. Und dann werden ihn vermutlich auch weiterhin Journalisten auf seinem Weg begleiten, auch wenn in Wiesbaden krampfhaft versucht wurde, die Pressevertreter durch Absperrungen und unterschiedliche Eingänge von den Teilnehmern fernzuhalten.

Aber auch hohe bürokratische Hürden, Informationen nach dem Zufallsprinzip, der Ausschluss von Abendveranstaltungen oder Nahrungsentzug konnten die Vertreter von russland.RU, russland.TV nicht hindern, wieder sehr umfangreich vom Petersburger Dialog zu berichten. Das wird auch so bleiben. [ hh / russland.RU – die Internet – Zeitung ]