Der „Dialog“ im Schatten der großen Politik

Von Lothar Deeg, St. Petersburg. In St. Petersburg fand die dritte Runde des „Petersburger Dialogs“ statt. Die beiden Gründerväter des russisch-deutschen Forums, Gerhard Schröder und Wladimir Putin, nahmen sich auch wieder die Zeit, vorbeizuschauen. Für den Erfolg der Veranstaltung war das allerdings von zweischneidigem Wert.

Die Idee hinter dem „Dialog“ ist, dass in sechs Arbeitsgruppen durch Praktiker der entsprechenden Gebiete – und einmal nicht nur durch Politiker und Diplomaten – Wege einer weiteren Annäherung und Kooperation zwischen den beiden größten Völkern Europas gefunden und zumindest andiskutiert werden. Dank der Schirmherrschaft durch Präsident und Kanzler sollte es möglich sein, diese Ideen dann auch gleich an die zuständigen Bürokraten und Entscheidungsträger weiterzureichen.

Bei den ersten „Petersburger Dialogen“ bekam noch die Veranstaltung als solche gebührliche Aufmerksamkeit: Wie kommen Deutsche und Russen auf dem Parkett einer etwas volkstümlicher angelegten Diplomatie miteinander aus? Dürfen Oppositionelle hier auch ihre Meinung sagen? Die Sache schien spannend – und Putin und Schröder waren zu Recht stolz auf ihr gemeinsames Kind.

Nun kehrte die Veranstaltung wieder an ihren Geburtsort zurück – und schien zum folkloristischen Rahmenprogramm eines großen Polit-Gipfels verkümmert zu sein: Für Putin und Schröder war der „Dialog“ nur noch der Anlass für ein Treffen in Sachen Weltpolitik, wohl weil schon lange im Terminkalender vorgemerkt. Kurzerhand wurde mit Chirac der dritte Mann der (erfolglosen) europäischen Anti-Kriegs-Trojka hinzugelanden. Der Irak nach Saddam Hussein, das Verhältnis zur USA und die zukünftige Rolle der UN in der Welt – fast nur darüber redeten die Staats-Chefs in St. Petersburg. Auch das 150. Jubiläum der Russland-Geschäfte der Firma Siemens wurde flugs ins Programm integriert, noch dazu gab es für Schröder einen Ehrendoktor von Putins einstiger Alma mater und schliesslich noch eine Konferenz über das Völkerrecht der Zukunft …

Im Endeffekt hechelten russische wie deutsche Medien den drei Politikern hinterher und versuchten, jedes ihrer Worte zum Irak zu erhaschen. Das waren die News mit Nachrichtenwert aus St. Petersburg. Und was wurde während dieser zwei Tage zur deutsch-russischen Annäherung beim „Dialog“ ausgebrütet? Schwer zu sagen – zumindest für alle, die nicht gerade selbst mitredeten.