18. Petersburger Dialog: „Offener Ton“ mit „Gefühlen der Hoffnung“

18. Petersburger Dialog: „Offener Ton“ mit „Gefühlen der Hoffnung“

In diesem Jahr fand das zivilgesellschaftliche deutsch-russische Forum Petersburger Dialog auf dem Petersberg nahe Bonn statt. Die Atmosphäre des Forums war äußert positiv. russland.NEWS wollte von den Teilnehmern wissen, ob sie diesen Eindruck auch teilen und wie die Diskussionen in den Arbeitsgruppen verlaufen sind.

Johann Michael Möller, Herausgeber der deutsch-russischen Zeitung „Petersburger Dialog“, Mitglied des Vorstands, Petersburger Dialog e.V., Koordinator der Arbeitsgruppe Medien

Ich bin immer froh über den offenen Ton, den wir haben. Es wird zwar heftig diskutiert, aber es wird nie erbittert oder verletzend diskutiert. Und ich erzähle immer Leuten, die es nicht glauben wollen, dass es wunderbar möglich ist, mit Kollegen, die denselben Arbeitsethos haben, auf einen vernünftigen Nenner zu kommen. Und das gelingt so gut wie immer. Heute haben wir Diskussionen entwickelt, die so frisch und offen waren, dass ich mich sehr gefreut habe. Und das ist kein Schönreden. Wir frönen hier keine Hobbys. Ich hoffe, dass dieser Funken auf die globalere Ebene überspringt. Man muss manchmal ganz klein anfangen und viele Rückschläge in Kauf nehmen, aber am Ziel dürfen wir nie rütteln. Das Ziel ist zu wichtig, als dass wir es den Schlechtrednern überlassen könnten.

Veronika Krascheninnikowa, Mitglied der Gesellschaftlichen Kammer der Russischen Föderation und stellvertretende Vorsitzende der Kommission für Öffentliche Diplomatie, AG Politik

Die Arbeit der AG Politik verlief in einer sehr positiven und konstruktiven Atmosphäre. Wir haben uns gegenseitig gehört und uns zugehört. Das ist sehr erfreulich. Ich bekam das Gefühl, dass alle ein gemeinsames Ziel verfolgt haben. Das ist eine qualitative Veränderung im Dialog zwischen Deutschland und Russland.

Gabriele Krone-Schmalz, Journalistin, AG Medien

Ich teile diesen Eindruck. Atmosphärisch ist es anders, es ist nicht dieses „Haudrauf“, wie noch vor einem Jahr in Moskau. Brücken bauen, neu anfangen, Dinge bereden, auch wenn man Differenzen beibehält – das waren Themen aus allen möglichen Gruppen, über die mir Teilnehmer, mit denen ich gesprochen habe, berichteten. Und bei der AG Medien war es in der Tat so. Ich habe den Eindruck, dass das Bedürfnis, dass wir aus diesem Tal herauskommen, sehr groß ist. Man scheut sich zwar auf der ganz hohen politischen Ebene dies einzufordern, aber auf der kommunalen, partnerschaftlichen Ebene versucht man das schon. Mich hat es sehr erfreut, dass Außenminister Maas diese Zahl nannte – 94 Prozent der Deutschen wünschen sich ein gutes Verhältnis zu Russland. Aber das war schon vor 2014 da, dass die öffentliche und die veröffentlichte Meinung nicht übereinstimmen, und dass die überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung an guten Beziehungen unserer beiden Länder interessiert ist. Und ich habe gelernt, dass in der Demokratie Mehrheiten eine Rolle spielen, daher wird es langsam Zeit, dass sowohl die Medien als auch die Politik das zur Kenntnis nehmen.

Irina Abramowa, Direktorin des Afrika-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, AG Politik

Die Atmosphäre war eindeutig viel freundlicher und offener, als voriges Jahr. Sogar in der Arbeitsgruppe Politik, die immer sehr kontrovers ist, hat man nach Berührungspunkten gesucht. Das Einzige, was ich mir für die Zukunft wünschen würde, ist, dass die deutsche Seite ihre Position als absoluter Wahrheitsträger etwas reduziert. Denn es gibt eine gewisse Überheblichkeit von der deutschen Seite. Beispielsweise warnten uns deutsche Kollegen, dass es gefährlich für Russland sei, unsere Beziehungen zu China auszubauen, aber wir warnen Deutschland doch nicht, Beziehungen zu den Vereinigten Staaten aufzubauen. Generell haben wir jedoch zehn Punkte zu den Ergebnissen vorgetragen, an denen wir mitarbeiten können. Hier geht es u.a. um Fragen der Sicherheit und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, der Zusammenarbeit im Bereich der Information und im Kampf gegen Cyberbedrohungen. Und alle deutschen Kollegen haben diese Idee unterstützt. Wir haben nicht immer übereinstimmende Ansichten, aber es besteht die Möglichkeit zu arbeiten.

Hermann Krause, Leiter der Repräsentanz des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Moskau, ehemaliger WDR Korrespondent in Moskau, AG Zivilgesellschaft

Wir haben in unserer Gruppe keine Auseinandersetzung gehabt, wo ich gesagt hätte, das deutsch-russische Verhältnis sei zerstört. Das war offen und freundlich. Wir hatten keine kontroversen Themen, und nicht so viel über Politik geredet, weil es auch nicht die Aufgabe dieser Gruppe ist. Man kann nicht sagen, dass es besser oder schlechter war als früher. Das kommt auf die Themen und auf die Menschen an. Ich kann auch weder von Fortschritt noch über Rückschritt reden. Ich habe eher das Gefühl, dass man den Ton gefunden hat, in dem man miteinander redet.

Alexej Gromyko, Direktor des Europainstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, AG Politik

In unserer Arbeitsgruppe diskutieren wir über ziemlich brisante Fragen. Daher sollte die Atmosphäre nicht an solchen Kriterien gemessen werden, ob es alles ruhig ist, alle sich einig sind und sich die Hand geben und am Ende ein gemeinsames Foto gemacht wird. Wir diskutieren Themen, bei denen unsere Länder gegensätzliche Positionen einnehmen. Die Aufgabe unserer Gruppe ist es, die Themen zu bestimmen, zu denen Räume für das gegenseitige Verständnis gefunden werden können, und dann wird klar, an welchen Themen gearbeitet werden kann, damit es nicht zu einem Schlagaustausch kommt. In Moskau war die Diskussion etwas schärfer, was ich absolut nicht als Manko unserer Arbeit betrachte. Diesmal war die Atmosphäre sehr sachlich. Die Experten waren auf höchstem Niveau. Ich hörte schon sehr positive Forumsbewertungen von anderen Teilnehmern.

Vera Tatarnikowa, stellvertretende Vorsitzende des gesamtdeutschen Koordinationsrates russischer Landsleute, Mitglied des Internationalen Journalistenverbandes Deutschland, AG Zukunftswerkstatt

Wissen Sie, voriges Jahr hatte ich schon nach der Eröffnung das Gefühl, es gibt keinen Dialog, so dass ich große Bedenken bezüglich der diesjährigen Veranstaltung hatte. Man muss in der Lage sein, dem anderen zuzuhören, und dafür muss man das Element des Angriffs und des Konservativismus bei Seite legen. Die Beteiligung der Außenminister unserer Länder gab neue Impulse, und die Menschen verstanden und fühlten dies. Ich habe mit vielen Teilnehmern gesprochen und sie waren durch ein Gefühl verbunden – ein Gefühl der Hoffnung.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]